Dominikanische Republik: Straflosigkeit fördert Umweltverbrechen

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Santo Domingo.- Das Fluss- und Bachsterben in der Dominikanischen Republik greift ungehindert um sich. In einem Zeitraum von nur 10 Jahren sind mehr als 500 Wasserläufe versiegt, doch gibt es Maßnahmen des Umweltministeriums, dieses zu stoppen? Nein! Landesweit trifft man auf „hombres hormiga“ oder „Palermos“, so nennt man die Arbeiter, die Materialien aus Flüssen holen. 

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Nur ein Beispiel von vielen ist der Rio Nigua in San Cristobal, hier wird, wie in vielen anderen Flüssen des Landes, Sand, Geröll und Kies abgebaut. Nicht nur das diese Verbrechen illegal sind und ein Diebstahl von Volkseigentum darstellen, es hat starke Umweltschäden zur Folge. Diese Verbrechen finden am helllichten Tage statt, nicht einmal heimlich. LKW, Bagger und viele Arbeiter schaffen tagtäglich Unmengen von Baumaterial aus den Flussbetten heraus. Warum kann dies am Tage, unter den Augen der Öffentlichkeit, stattfinden? Weil die Behörden versagen, keine Verfolgung und Kontrollen durchführen. Kontinuierlich schaffen Schwerlastkraftwagen das Material fort. 

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Die Männer haben sonnenverbrannte Haut, arbeiten schwer und sind sich keiner Schuld bewusst. Das Herausziehen von Material aus den Flussbetten schade dem Fluss nicht, da sind sie sich sicher. Für sie ist der Fluss eine Arbeitsquelle die es ermöglicht, Familie und Kinder zu ernähren. Eine Arbeit, die man ungestört durchführen kann, die Behörden sind bestenfalls nicht interessiert, um eine Korruption nicht nennen zu wollen. 

Der Überwachungsfehler der Behörden hat schwerwiegende Folgen. Grundwasserspiegel sinken, die Fließgeschwindigkeit, vor allem nach Regenfällen, nimmt rasant zu. Dies führt dazu, dass Uferzonen weggeschwemmt werden, Flüsse über die Ufer treten und in vielen Regionen zu Überschwemmungen führen. Die Tatsache, dass sich das hydrografische Becken senkt, hat auch Auswirkungen auf die Wasserversorgung der Hauptstadt zur Folge. Die Flüsse Yubazo, Nizao und Nigua versorgen alle einen Stausee, der die Trinkwasserversorgung von Santo Domingo gewährleistet. Jedoch liefern die Wasserläufe immer weniger Wasser, aufgrund der hohen Materialentnahmen aus den Flussbetten. Neben dieser Schäden kommt es noch zu einer Kontamination des Flusswassers durch die Fahrzeuge. 

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Solche Verbrechen sind nicht nur in San Cristobal zu sehen, auch in den Provinzen La Vega, Espaillat, Monseñor Nouel und Puerto Plata. Teilweise gibt es zwar von Umweltbehörden eine Genehmigung der Materialentnahme, das heißt, Unternehmen dürfen limitiert Sand und / oder Kies abbauen. Leider fehlen die Kontrollen, es wird also ohne Beschränkung abgebaut. Diese „Arbeiten“ (=Umweltverbrechen) sind Verstöße gegen die Gesetze 123-71 und 64-00, Verstöße gegen die Resolutionen 16-2007, 016-2008 und 0015-2017 des Umweltministeriums. 

Die Arbeiten werden meist von privaten Fuhrunternehmen durchgeführt, die LKW Fahrer liefern das Material an den Bausektor und verkaufen es mit großem Gewinn. Man muss keine Handelsware einkaufen, nur Tagelöhner einstellen. Meist sind es Haitianer, die natürlich keinerlei Rechte haben und mit billigen Löhnen nichts anderes sind, als moderne Sklaven. Ein weiterer Vorteil: kommt es tatsächlich zu einer Kontrolle, werden die illegalen Haitianer abgeschoben. Ein paar Tage später kehren die Arbeiter über die schwarze Grenze zurück. Weiter braucht man nur LKW um das Material zu transportieren. In manchen Fällen arbeitet man mit mehr technischem Aufwand, dann kommen auch Bagger zum Einsatz. 

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Es gibt ein Netzwerk von Personen, die versuchen die Flüsse im Land zu schützen, sie machen Anzeigen gegen die Umweltverbrecher bei den Umweltbehörden, man fordert jedoch höchste Diskretion, denn man fürchtet Vergeltungsmaßnahmen gegen die Umweltschützer. 

Die Fuhrunternehmer liefern ihre Materialien an Ferreterias, an Betonfirmen, an Hersteller von Blocksteinen, an Bauprojekte, an Bauunternehmer und sogar an Vertragspartner aus dem Bausektor für die Regierung. Eine LKW Ladung (18 Kubikmeter) verkauft man in der Hauptstadt für 12.000 RD$ (240 USD / 210 Euro) bis 15.000 RD$ (300 USD / 265 Euro), einfaches Geröll / Kies kostet pro Kubikmeter 200 RD$ (4 USD) bis 250 RD$ (5 USD / 4,40 Euro), Preise Stand März 2019.

Gerade der Kies und das Geröll haben eine wichtige Bedeutung im Flussbett. Bei starken Regenfällen sammelt sich viel Wasser im Flussbett, der Kies und das Geröll bremsen die Fließgeschwindigkeit des Wassers. Ohne Kies im Flussbett wird der Wasserlauf zu einem reißenden Fluss, an den Ufern wird die Böschung mitgerissen. Weitere Umweltschäden entstehen durch die Zufahrtswege, welche sich die Materialentnehmer schaffen, um mit ihren LKW nahe an den Fluss zu kommen. Uferbepflanzungen, bis hin zu Bäumen, werden einfach „entsorgt“. 

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Offensichtlich nur eine Scheinhandlung des Umweltministeriums: Zwischen 2016 und 2019 wurden 10 Umweltverbrecher mit Sanktionen bestraft, weil sie illegal Material aus den Flüssen Haina, Yuna, Manoguayabo, Ocoa, Nagua, Masacre u.a. entnommen hatten. Die verhangenen Geldstrafen beliefen sich auf insgesamt 3,1 Millionen RD$ (60.000 USD). Ein Ergebnis, das für drei Jahre sehr mager ist, in Anbetracht der Tatsache, dass diese Arbeiten landesweit und tagtäglich ausgeübt werden. 

Im September 2018 hat das Umweltministerium, unter Minister Angel Estevez, eine Genehmigung zur Materialentnahme erteilt am Rio Haina, nahe San Cristobal. 10.000 Kubikmeter Sand, Kies und Geröll durften entnommen werden. Auflage: man darf sich nicht näher als 150 Meter an das Flussufer begeben um das Material zu entnehmen, welches für die Füllung von Straßen und Sozialprojekten verwendet werden soll. Kontrollen fanden und finden nicht statt und wenn man Luftaufnahmen betrachtet, erkennt man, dass man sich bereits bis auf 30 Meter an das Flussufer begeben hat um Material zu entnehmen. 

Im vergangenen März 2019 hat sich eine Gruppe von Bewohnern in La Vega erneut an die Behörden gewendet. In zwei Fällen meldeten Bürger „Rückfalltäter“, örtliche Unternehmer, die kontinuierlich Material entnehmen. Einmal geht es um den Fluss Yasica, im Norden der Provinz Espaillat, wo Bewohner in Jamao dieses Verbrechen wiederholt melden, im anderen Fall sind es die Bürger aus La Vega, die Materialentnahmen aus dem Rio Camu immer wieder melden. 

Wie gefährlich diese Anzeigen für die Umweltaktivisten sind, macht Manuel Antonio Nina deutlich. Er erinnert an den Umweltschützer Sixto Ramirez. Er protestierte am 12. Oktober 1998 gegen den Abbau von Sand aus einem Fluss in San Cristobal, da näherten sich Totschläger, hielten ihm den Gewehrlauf in den Mund und drückten ab. Für diese vorsätzliche Ermordung saß der Täter nur 7 Jahre in Haft, dann konnte er die Haftanstalt verlassen. 

Es gibt nur wenige Fälle, wo die Gerechtigkeit mit Deutlichkeit zuschlägt. Ein Fall war im Jahr 2013. Das Unternehmen Agregados Consolidados S.A. wurde von der Staatsanwaltschaft der Provinz Peravia zu einer Geldstrafe von 3,5 Millionen RD$ (82.160 USD) verurteilt. Man fand das Unternehmen für schuldig, Material aus dem Fluss Nizao ohne Genehmigung entnommen zu haben. 

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Umweltschützer haben auch entdeckt, dass Mitarbeiter von SENPA (Nationaler Dienst für Umweltschutz), meist Militärs, bestechlich sind. Statt die Umweltgesetze und deren Einhaltung zu kontrollieren, wartet man lieber bis die Unternehmer ihren Wegezoll entrichten und die illegalen Materialien abtransportieren können. Es sind Fälle bekannt aus Villa Altagracia und San Cristobal, demnach zahlen die Chauffeure der LKW je nach Ware (Sand, Kies, Geröll) und Ladungskapazität zwischen 1.000 RD$ und 3.500 RD$ (20-70 USD). Die Chauffeure entsenden Boten mit dem Geld, wenn dann die LKW´s anrollen, sind die Kontrollstationen nicht besetzt oder man wird einfach durchgewinkt. 

Die Akademie für Wissenschaften hat 2015 eine Studie erstellt über die katastrophalen Folgen, welche durch das Entnehmen von Sand im Fluss Veragua, in der Provinz Espaillat, entstehen. Hier wird mit schweren industriellen Maschinen gearbeitet, alle 10 Minuten wird ein LKW mit Sand beladen, an 6 Tagen in der Woche. Mittlerweile ist der Wasserspiegel im Fluss stark abgesunken, früher konnten Bürger im Fluss baden, heute ist das kaum mehr möglich. 

Die Akademie stellte im Jahr 2015 fest, dass eines Der Unternehmen, Constructora Dualma, eine Genehmigung vom Umweltamt bekam um 500 Meter oberhalb des Flusses Sand abzutragen, für insgesamt 45 Tage. Der Sand sollte zu Reinigungsarbeiten verwendet werden. Das Unternehmen hat jedoch große Mengen von Sand entnommen, ebenfalls Kies. Das Material wurde aus dem Flussbett entnommen und als Baumaterial verkauft. 

Natürlich ist es nicht das Unternehmen mit fest angestellten Mitarbeitern, es sind Tagelöhner, die im Flussbett arbeiten und den Sand aus diesem heraus schaffen. Dann wird der Sand auf die LKW des Unternehmens geladen, welche über einen schmalen Pfad an das Flussufer gelangen. Dabei bringen sie spielende Kinder in Gefahr, die sich hier nachmittags aufhalten. Die Bewohner in der kleinen Gemeinde wissen alle, was hier Tag für Tag geschieht, auch die Behörden wissen das. Selbst wenn die Bewohner Meldungen machen, es wird nichts von den Umweltämtern unternommen. 

Fakt ist, dass man die Kontrolle über die Materialentnahme an Flüssen verloren hat. Zwei Dinge kann an festhalten: Es werden Genehmigungen zur Materialentnahme erteilt (verkauft). Die Begrenzung an Zeit, Menge und genauem Entnahme Ort für das Material wird jedoch nicht kontrolliert. Damit es keine Kontrollen gibt, wird erneut von den Umweltverbrechern gezahlt. 

Eine Umweltkommission der UASD (Freie Universität Santo Domingo) teilte der Akademie für Wissenschaften im Jahr 2014 mit, dass eine Sandentnahme am Fluss Yasica, im Norden der Dominikanischen Republik, mehrere schwere Schäden an der Umwelt zur Folge hatten und haben. Der Flusslauf veränderte sich, wurde künstlich umgeleitet, um mehr Sand zu entnehmen. Dadurch wurde ein großer Bereich, mit Mangroven bewachsen, ausgetrocknet. Die Mangroven starben ab.

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Zugleich bringt der Fluss mit seiner Strömung den Sand als Sediment an den Strand von Cabarete. Durch das Fehlen dieser Sedimente kommt es zu erheblichen Stranderosionen in Cabarete. Trotz dieser sichtbaren Schäden sagte Carlos Almonte, Exsekretär der Lastwagenfahrer Gewerkschaft: Die Entnahme des Sandes schaffe 200 LKW Fahrern Arbeit, damit sichern sie den Lebensunterhalt für ihre Familien. Ohne die Entnahme der Materialien, welches zudem keinerlei Folgen für die Natur habe. werden die Fahrer arbeitslos. 

Am 12. Juli 2018 hat das Umweltministerium Almonte erneut die Entnahme von 2.000 Kubikmetern Sand aus dem Flusslauf genehmigt, dafür gab es zwei Monate Zeit, so lange war die Genehmigung gültig. Das Material sollte verwendet werden, um ein Grundstück in der Gemeinde Sabaneta aufzufüllen. Anlieger berichten, dass auch heute noch Material aus dem Fluss entnommen wird, 7 Monate nach dem Ablauf der Genehmigung. Almonte bestreitet diese Anschuldigungen. Journalisten haben sich im März 2019 von der Wahrheit der Aussage von Bewohnern überzeugt. 

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Eine weitere Behörde schlägt Alarm wegen des illegalen Materialabbaus aus Flüssen, die Inapa (Nationales Institut für Trinkwasser und Kanalisation). Hier drückt man sich etwas diplomatischer aus. Zwar sei der Einfluss auf die Trinkwasserversorgung nicht zu 100 % auf den illegalen Materialabbau zurückzuführen, hierüber gibt es keine Forschungsarbeiten. Der immer stärker abnehmende Wasserstand der Flüsse, welche zum großen Teil Stauseen und Bewässerungssysteme mit Wasser bedienen, habe allerdings einen deutlichen Anteil an den geringeren Wasserreserven, so der Direktor von Inapa, Horacio Mazara. Die geringen Wassermengen der Flüsse haben einen unmittelbaren Einfluss auf die Wasserreserven des Landes, so der Funktionär. 

Anmerkung der Redaktion: Seit mehr als einem Jahrzehnt ist das Problem bekannt, es gibt landesweit Meldungen von der Bevölkerung und einheitlich reagieren alle lokalen Umweltämter: wie die berühmten drei Affen. Hier einiges Videomaterial zu dem Thema: 

EL RIO VERAGUA EL 20 DE MARZO 2016

Autoridades dicen enfrentarán los que extraen materiales de ríos de Veragua en Gaspar Hernández

Resultado de los permisos de emergencia en el rio Veragua en la gestion de Bauta

El rio Yasica inunda Veragua el 1.11.16

En peligro los ríos Veragua y Yásica de Cabarete, República Dominicana

Folgen der illegalen Materialentnahmen:

DERUMBE RIO YASICA REMOLINO VERAGUA

los ríos Yasica y veragua producen gigantesca crecidas

Fotos + Quelle: Diario Libre

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