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http://www.amazon.de/Hochzeit-haitianisch-Goudougoudou-Frederic-Maeder/dp/3735704859
Autor Frederic Maeder, Deutsch-Schweizer, beschreibt seine Erlebnisse aus Haiti in einer besonderen Art. Eine Mischung aus verstörender Erotik und schwarzem Humor erlebt man mit ihm das Leben in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince pur. Menschlichkeit und Tiefsinn zeichnen seinen Bericht aus Haiti aus.
Maeder hat einige Jahre in Haiti gelebt, ist mit einer Haitianerin verheiratet und lebt zur Zeit in Zürich. Für sein Buchprojekt kehrte er nach Europa zurück, doch nachdem dieses nun abgeschlossen ist will Maeder wieder auf die Insel Hispaniola kommen.
Als Unternehmer war er in Haiti lange tätig und beschäftigte sich vor allem im wohltätigen und kulturellen Bereich. Lassen sie sich fesseln von dem Buch, welches eine Mischung aus Roman und Dokumentation ist.
Hier haben wir exklusiv eine Leseprobe:
Doch so weit kommt es gar nicht, denn kurz nachdem ich den mit bereitgehaltenem Gewehr vergnügt auf einer Grundstücke trennenden, von zig Zandolit-Eidechsen umschlichenen Mauer sitzenden, mich mittels Augenzwinkern und hochgestrecktem Daumen grüssenden Ti Toto Dérangé gesichtet habe, knallt mir ein kräftiger Schulterknochen unangemeldet von rechts her kommend in den Kiefer. Ja, das hat man halt davon, schulmeistere ich mein benommenes Selbst, wenn man jedem einzelnen dieser aufmerksamkeitsgeilen, in diesem Lande laufend zu Tage tretenden Pst-Pst-Getschilpe seitens allerlei anbiederungsfreudiger Gesellen kopflos Beachtung schenkt.
„Did you get hurt, hast du dich verletzt?, ertönt es in nahezu perfekt akzentuiertem Ami-Englisch aus dem wohlwollenden Munde eines fürs lokale Protokoll erschreckend locker gekleideten Monsieur meines Alters, derweil ich mich, an seiner mir helfend entgegen gereichten Hand festhaltend, bedächtig bewegend vom Boden aufraffe. “Ich bitte vielmals um Entschuldigung! Ich habe dich dummerweise auch nicht gesehen, meine Augen klebten an den saftigen Filetstücken der Damen dieser Catering-Gesellschaft fest.
Ich heisse Mackson, Familienname unwichtig und viel zu gewöhnlich!” Dies eine unterschwellige Anspielung auf seinen vom einstigen französischen Eigentümer seiner Vorfahren geerbten Familiennamen, welcher, besser gesagt, für den Rufnamen jenes ehemaligen Unterdrückers steht und somit so gut wie sicher irgendetwas wie Jean-Louis, Joseph, Pierre, Jean-Baptiste oder so ähnlich ordinär lauten muss.
“Aber ich lebe in New York! Brauchst keine Angst zu haben, bin kein Deportee!” – kein von dort her ins Ursprungsland zurück geschaffter. “Die erkennt man hier ja alle sowieso schon rein an ihren deplatzierten Hip-Hop-Markenkleidern! Freut mich, dich hier zu sehen! Wer bist du?”
“Meine hier halb verloren in der Gegend rumstehende ‚Weißheit‘ ist mit der rundlichen Strohhutdame in der ersten Reihe dort beim Podium benachbart sowie über gewisse Bekanntschaften so quasi zwangsliiert. Die alte Dame nennt mich Ti Fredo, ihre sexy Enkelin dagegen einfach Fred. Mein eigener Nachname ist hier ebenso überflüssig, weil dieser hierzulande viel zu oft mit demjenigen einer namhaften Galeristen Familie verwechselt wird.”
“Du musst also von der Seite der Braut her eingeladen worden sein, sonst würde ich dich wohl kennen, so ein Blan wie du fällt auf, obwohl ich manchmal selber nicht so richtig weiß, inwiefern ich eigentlich mit dem Bräutigam verschwägert, versippt und verwandt bin! “Jawohl, ganz genau! Wie schon angedeutet, die Umstände, unter welchen es mich hierhin an dieses Hochzeitsfest verschlagen hat, sind in etwa gleich komisch, wie diejenigen, auf Grund welcher ich überhaupt auf dieser, eurer sagenumwobenen Insel hier gelandet bin!”
Während sich der aus der amerikanischen Diaspora fürs Fest extra angereiste Mackson sowie meine Wenigkeit also blendend unterhalten, bemüht sich der noch immer gemütlich auf der mit Glasscherben besetzten Seitenmauer sitzende Ti Toto Dérangé darum, mir mittels nunmehr doppelt so energischer Daumenhochbewegungen seine besorgte Solidarität des unglücklichen Zusammenstoßes wegen zu zeigen, für welchen er sich ja vielleicht sogar ein bisschen mitschuldig fühlt.
Obschon seine Seitenmauer im Gegensatz zum mit Stacheldraht gespickten Eingangsbereich der ansehnlichen Villa Régit lediglich mit ein paar läppischen, Einbrecher abhaltenden Flaschensplittern ausgestattet ist, frage ich mich nichtsdestoweniger, weshalb der abgehärtete Hund sich seinen polizeilichen Bouda, seinen korrupten Allerwertesten, dort oben futschsitzt.
Wie auch immer, ehe es mir gelingt, mich weiter abzulenken, finde ich mich animiert mit Mackson quasselnd über den unterdessen befremdend menschenleer gewordenen Lakou-Hof spazieren, während der sich auf der nahezu kanzelhaft wirkenden Podestvorrichtung auf seine weltmännische Gratulationsrede einstellende Dr. Lecavalier gerade dabei ist, ein paar letzte klärende Blicke auf die vor ihm hockende Hörerschaft zu werfen, die nun langsam aber sicher auf den akribisch genau hintereinander positionierten rosafarbenen Plastikstühlen unbekannter Marke Platz genommen hat.
Auf die für mich großherzig in der vordersten Reihe vorreservierte Sitzfläche zwischen den Damen Bennett und Titride verzichte ich indes dankend und steure stattdessen zusammen mit dem gleichfalls auf keinen Frontsitz erpichten Mackson auf diejenigen aus den USA importierten Plastikstühle, die offensichtlich niemand sonst gewollt hat, zu… ganz weit hinten vom auf dem Podest befestigten Rednerpult entfernt.
Vor einer fantastischen Bühnenkulisse mit einem in feinste Festtagsgarderobe geworfenen, geduldig wartenden Publikum, einem ganz gewissen, bereits ausführlich vorgeschriebenen, für mich bislang enigmatisch undefinierbar gebliebenen Tropenbaum sowie einigen in der Weite der unlängst erst eingetretenen, mittlerweile aber schon fahlgelb werdenden Dämmerung mit dem karibischen Abendwinde tanzenden Palmen, genieße ich nun die himmlische Ruhe vor dem Sturm einer potentiell reißerisch-ergreifenden Rede.