Die Hauptstadt Santo Domingo nannte Ex-Präsident Dr. Leonel Fernandez liebevoll sein „Pequeño Nueva York“ (kleines New York). Was aus der Luft tatsächlich nach einer Weltstadt-Metropole aussieht, zeigt deutliche Mängel wenn man in der Stadt unterwegs ist, in den Barrios. Hier, in den Armenvierteln der Millionenstadt, zeigt sich der gravierende Mangel an der Umwelt-Infrastruktur.
Moderne Shopping-Center, riesige und luxuriöse Wohntürme, eine Untergrund-Bahn (Neben Puerto Rico die einzige in der Karibik) und auch bald eine Seilbahn für den Personentransport (abgesehen von der touristischen Seilbahn in Puerto Plata ebenfalls einzigartig in der Karibik), so will die Hauptstadt der Dominikanischen Republik glänzen. Wie aber sieht es mit dem Umwelt-Sanierungsprogramm aus? Ja, auch andere Städte des Landes haben hier Mängel, aber in der Hauptstadt fällt es aufgrund einer sehr hohen Bevölkerungsdichte besonders auf und extrem in den Armenvierteln, zum Beispiel an den Ufern des Rio Ozama.
Ein Stück weiter oben hat man asphaltierte Straßen, hier rollen die Luxuskarossen. In den Siedlungen am Flussufer, wie zum Beispiel Los Guandules, hat man keine Straßen, hier gibt es enge Wege und Gassen. Die Wasserversorgung kommt nicht von der Stadt, die Nachbarn haben sich an irgendwelchen Leitungen angeschlossen, PVC-Rohre verlegt. Nicht sachkundige Verlegung ist dann auch der Grund warum diese Leitungen alle paar Meter kaputt sind, das Wasser hier auf die Wege rinnt. Die Mehrheit der am Flussufer lebenden Menschen hat keine direkte Wasserversorgung, viele baden sogar im dreckigen Flusswasser.
Mit dem Abwasser ist es nicht viel besser. Ein wenig hat sich in den letzten Jahren geändert. Früher lief das Abwasser und die Kloaken in offenen Kanälen in den Fluss ab. Man musste über Bretter gehen um diese Abläufe zu passieren. Heute sind viele abgedeckt mit Beton, doch auch das ist keine Lösung. Ein Klärwerk sucht man vergeblich, ungefiltert laufen Chemikalien und Abwasser in den Rio Ozama. Müll und sonstiger Unrat wird dabei gleich mit weggespült, jeder starke Regenguss ist wie eine Gehwegreinigung.
Abgesehen von den hygienischen Mängeln und der Gesundheitsgefahr, es ist auch keine Lebensqualität vorhanden, die Abwasser stinken bestialisch. Bei Hitze ist es besonders schlimm, da wird nicht nur das Wohnen zur Qual, auch in den kleinen schulischen Einrichtungen ist es kaum möglich zu unterrichten bei dem Gestank.
Die Bewohner sind arm, sie können sich keine Müllabfuhr leisten. Warum auch, es gibt sie überhaupt nicht! Die Stadtverwaltung kümmert sich nicht um die Abfallbeseitigung und so nehmen dies die Menschen am Ufer selbst in die Hand. Oft sieht man Kinder mit Müllsäcken zum Ufer gehen, da wird dann einfach alles entsorgt. Der Fluss als Müllhalde, ein Problem welches dringend von der Stadt in Angriff genommen werden muss.
Dieser Unrat schwimmt dann Richtung Karibisches Meer. Sehr zum Ärgernis der Hafenverwaltung vom Port Sans Souci. Hier legen die Kreuzfahrtschiffe an und den ersten Eindruck, den Touristen hier bekommen? Der ist nicht positiv. Dann treibt der Müll aufs Meer. Was nicht am Meeresboden liegen bleibt, das wird dann wieder an die Ufer gespült und wieder sind es nicht nur Bewohner, sondern auch Touristen der Dominikanischen Republik, welche das Debakel sehen. Am Ufer, entlang der Promenade, direkt vor den Luxushotels am Malecon, sieht man das Treibgut.
Die Wasserversorgung für die Menschen am Fluss erfolgt durch Suchen. Entweder man holt es in Eimern aus dem Fluss, oder man geht etwas hoch, in die besseren Wohngegenden, fragt dort nach Wasser und schleppt es in Eimern und Gallonen wieder runter zur eigenen Hütte. Hier sammelt man es in Fässern und Tanks. Bei all dem Dreck gesellen sich zu der Wohngemeinschaft Unmengen von Ratten und Kakerlaken hinzu. Bei den Wasser-Reservoirs vermehren sich die Moskitos.
Unglaublich: Nur 2 % der in Santo Domingo produzierten Abwasser werden geklärt. Ein untragbarer Zustand, denn das bedeutet, dass 98 % des Schmutzwassers irgendwo versickert und so das Grundwasser verunreinigt, Brunnen und Zisternen kontaminiert werden. Auf nationalem Niveau ist die Abwasserreinigung auch nicht viel besser, aber mit 7 % deutlich über dem Wert der Hauptstadt.
Generell fehlt es den Bürgermeisterämtern an Geld um die Abwasserentsorgung zu verbessern. So fehlt es an den technischen Grundvoraussetzungen und an Finanzierungsmöglichkeiten für Klärwerke. Hygiene und Sauberkeit leiden, vor allem in Städten. Aufgeschäumtes Plastik (Thermobecher, Schalen) und Plastikflaschen prägen das Stadtbild. Diese Abfälle sind es auch, welche bei Regen regelmäßig für Überschwemmungen sorgen. Die (sofern vorhandenen) Abläufe sind schnell verstopft, die Straße wird zu einem Kanal.
Es ist ein gravierender Mangel an Abwasserkanälen festzustellen. Wenn etwas abläuft, dann immer auch mit Müll und so sieht man immer mehr Bäche und Flüsse deren Ufer voller Plastik sind. Am Ende gelangt aber alles irgendwie doch ins Meer, von dort jedoch zurück an die Küsten der Dominikanischen Republik.
Bei all diesen Missständen wundert es dann nicht, dass gerade in diesen Wohngebieten die Kindersterblichkeit sehr hoch ist, Krankheiten wie Dengue, Chikungunya und Zika Epidemie – artig ausbrechen. Einmal mehr ist die in Armut lebende Klasse doppelt getroffen. Man hat schlechte hygienische Bedingungen und dadurch brechen Krankheiten aus. Die entsprechenden Medikamente kosten Geld, Geld das man nicht hat.
Was nutzen Umweltaufklärung und Schulunterricht, wenn die Stadtverwaltung, die Regierung versagen? Wohin soll man denn den Müll bringen wenn er nicht einmal abgeholt wird? Wohin soll man seine Abwasser leiten, wenn es keine Alternativen gibt? Nicht zu reden von fundamentalen Menschenrechten, die hier verletzt werden. Was ist denn mit dem Recht auf Trinkwasser?
Was nutzt eine Aufklärung bei der man sagt: Wasser, welches in Behältern gesammelt wird, mit Chlor versetzen um die Moskitolarven abzutöten! Wer hier wohnt, der hat oft nicht mal das Geld für eine warme Mahlzeit am Tag und der soll dann seine wenigen Pesos für Chlor ausgeben?
Hier zeigt sich die Misswirtschaft. Aktionen gegen Dengue und Chikungunya, man verteilt seitens der Hilfsorganisationen und Behörden Hilfe-Sets mit Medikamenten und Chlor, Sets, die bei Chikungunya oder Zika über das notwendige Rüstzeug verfügen. Doch wo werden diese verteilt? An der Mautstation an der Autobahn. An Menschen, die sich ein Auto leisten können. Die könnten sich auch ne Gallone Chlor leisten. Die Armen am Rio Ozama, an die denkt man nicht.
Die Regierung hat es versäumt eine gute Infrastruktur für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu schaffen. Man hat offensichtlich kein Interesse daran hier endlich Abhilfe zu schaffen. Die Umsiedlung des Barrios La Barquita war ein Tropfen auf den heißen Stein. Es gibt viele Barrios mehr. Man kann diesen armen Menschen nicht vorwerfen wenn sie den Müll im Fluss entsorgen, doch was ist mit Unternehmen, Fabriken? Hier versagt die Verwaltung auch, die Verletzung der Umwelt wird nicht geahndet. Warum soll dann ein Unternehmer seine giftigen Abwässer durch ein Klärwerk reinigen? Der Fluss ist doch so nahe…